38 | Irma von Troll-Borostyáni
Irma von Troll-Borostyáni wurde 1847 als Marie von Troll –
sie nannte sich seit den 1870er Jahren Irma – in Salzburg in eine Beamtenfamilie geboren. Gemeinsam
mit ihrer Schwester Wilhelmine blieb Marie – im Gegensatz zu ihren später erfolgreichen
Brüdern – die Ausbildung an Gymnasium und Universität versagt. Das Erziehungsinstitut
für Mädchen im Benediktinenkloster Nonnberg verließ Marie krankheitsbedingt nach zwei Jahren und übernahm nun zuhause selbst die Verantwortung für ihre Ausbildung: Sie lernte Fremdsprachen,
Komposition und widmete sich den abendländischen Klassikern von Homer bis Goethe.
Nach dem Tod des Vaters Otto von Troll hielt es Marie nicht mehr lange im
kleinbürgerlichen Salzburg, wo sie schon als junges Mädchen aufgefallen war:
Mit ihren sehr kurzgeschnitten Haaren, der männlichen Kleidung und ihrer Angewohnheit,
öffentlich Zigarre zu rauchen, war sie den Salzburger Bürgern ein Dorn im Auge.
Als begeisterte Schwimmerin, Eisläuferin und Bergsteigerin setzte sie sich in
ihrem Pamphlet „Das Weib und seine Kleidung“ (1897) für eine Reform in der
Frauenmode ein: Von Korsett, Reifrock und unbequemen Schuhen befreit, sollte
die Frau – nicht zuletzt aus gesundheitlichen Aspekten – die Möglichkeit haben,
Hosen zu tragen.
Salzburg den Rücken kehrend, ging Marie von Troll 1870 nach
Wien um sich als Pianistin ausbilden zu lassen, doch konnte sie aufgrund der
bürgerlichen geschlechterspezifischen Rollenzuschreibungen nicht als Künstlerin
reüssieren – auch eine Karriere als Schauspielerin blieb ihr, obwohl sie in
Wien auch Anschluss an Künstlerkreise fand, versagt. Um Geld zu verdienen, zog sie als Musiklehrerin nach Ungarn zu einer ungarischen Aristokratenfamilie, nach
drei Jahren im ländlichen Gefängnis heiratete sie 1875 in Budapest den
Journalisten Nándor Borostyáni. 1882 kam Troll-Borostyáni nach Salzburg zurück
und verließ die Stadt, abgesehen von Kur- und Sommerfrischeaufenthalten und
kürzeren Reisen, nicht mehr. Mit ihrem Mann, der sie als feministisch
engagierte Schriftstellerin unterstützte, führte sie eine Fernbeziehung und zog
in Salzburg mit ihrer Schwester und dem künstlerisch begabten Schwesternpaar
Helene und Johanna Baumgartner in eine Wohngemeinschaft, Johanna war ihre
Freundin. In Salzburg hatte
Troll-Borostyáni wenige Kontakte, war aber für einige Jahre Mitglied in der Salzburger
Künstlergruppe „Pan“, zu deren Mitgliedern u.a. auch Georg Trakl zählte. Vernetzt
war sie allerdings mit zahlreichen internationalen Vertreterinnen der
Frauenbewegung, so korrespondierte sie etwa mit Bertha von Suttner, Auguste
Fickert, Rosa Mayreder und Adelheid Popp und gehörte 1893 zu den
Gründungsmitgliedern des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins. Neben
ihren vielen Texten, die sich mit der Erziehung der Frauen, der
Prostitutionsdebatte, der Frauenbewegung und andere sozialpolitischen Themen
befassen, schrieb Irma von Troll-Borostyáni zahlreiche Novellen und Romane, denen
mehr Erfolg beschieden war als ihren dramatischen Versuchen.
Am 10. Februar 1912 stirbt Irma von Troll-Borostyáni an einem Gehirnschlag, in ihrem Nachruf in der „Neuen Freien Presse“ wird sie als die „erste Vorkämpferin der Frauenemanzipation in Österreich“ bezeichnet.
Dieser Beitrag ist eine Kurzfassung des Textes „Irma von Troll-Borostyáni. Die erste Vorkämpferin der Frauenemanzipation in Österreich“ von Christa Gürtler, erschienen im Ausstellungskatalog „Irma von Troll-Borostyáni (1847-1912). Vorkämpferin der Frauenemanzipation“, hrsg. v. Christa Gürtler und Sabine Veits-Falk für das Salzburg Museum in Kooperation mit dem Stadtarchiv Salzburg. Salzburg 2012.
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